Für Misantrophen, Egoisten, Zyniker, Ferengi und Menschenfeinde im Allgemeinen und Besonderen –
oder: „Warum es aus völlig egoistischer Perspektive rational ist, sich – gerade unter den veränderten Bedingungen der VUCA/BANI-Welt integrativ und offen zu verhalten…und dennoch etwas Skepsis bleibt!“

Es gibt einige gute Gründe….
Potenziale durch Integration:
Migranten und ihre Integration bringen messbare ökonomische Vorteile mit sich, die nicht nur das Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigern, sondern auch direkt zur Steigerung der Steuererträge beitragen können. Wenn Menschen integriert werden, beginnen sie schnell, Steuern zu zahlen, Sozialversicherungsbeiträge zu leisten und tragen zur Stabilität des Sozialsystems bei:
- Steuererträge: Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse, Weiterbildungsprogramme und Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen es Migranten, schnell produktiv zu werden. Sie zahlen Steuern, konsumieren und schaffen somit zusätzliche Wirtschaftsaktivität. Im Gegensatz dazu steigen die Staatsausgaben, wenn Migranten nicht integriert werden und auf staatliche Hilfe angewiesen bleiben.
- Arbeitsmarktbeitrag: Migranten stellen eine Arbeitskräftequelle dar, die in vielen Sektoren – von der Pflege über Bauwesen bis hin zu IT und Ingenieurwesen – dringend benötigt wird. In Deutschland beispielsweise fehlen Fachkräfte in zahlreichen Bereichen, und viele Migranten bringen nicht nur Arbeitskraft, sondern auch Qualifikationen mit, die im Inland fehlen. Insofern hat eine gelungene Integration einen direkten Einfluss auf das Wachstum von Branchen und damit auch auf das nationale BIP.
- Beitrag zur Innovationskraft: Viele Migranten bringen unternehmerische Fähigkeiten und eine diversifizierte Perspektive mit, die zu Innovationen führen können. Gerade in hochentwickelten Volkswirtschaften wie Deutschland kann Diversität zu einer Quelle von Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten werden, die neue Unternehmen und Märkte entstehen lassen. Migrantenunternehmen schaffen Arbeitsplätze und tragen zur Schaffung von Wohlstand bei.

Vermeidungskosten
Direkte Kosten & Opportunitätskosten
Abschottung (das Errichten von Sicherheitszäunen, Sicherheitsagenturen, nationale Polizei oder das Fördern von restriktiven Einwanderungsgesetzen, Zahlungen an z.B. Frontex (EU):
- Kosten Grenzschutz, Bürokratie und administrative Hürden sind nicht nur teuer, sondern auch ineffektiv, wenn man den globalen Charakter der Migration bedenkt. Der Bau von Zäunen, die Überwachung von Grenzen und die Blockierung von Integrationsmaßnahmen verhindern zwar kurzfristig Zuwanderung, jedoch auf Kosten eines zukünftigen Wirtschaftswachstums und der gesellschaftlichen Kohäsion.
- Mangelnde Arbeitskräfte: Abschottung verhindert nicht nur das Kommen von Migranten, sondern kann dazu führen, dass ein Land seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Arbeitsmarkt verliert. Migranten sind oft bereit, in Sektoren zu arbeiten, die von der einheimischen Bevölkerung nicht ausreichend abgedeckt werden, was ohne Zuwanderung zu Arbeitskräftemangel führen würde.
- Verschwendung von Potenzial: Menschen, die als Migranten an die Grenze kommen, tragen Fähigkeiten und Potenziale mit sich, die im Inland benötigt werden. Eine diskriminierende Ablehnung dieser Menschen bedeutet, dass potenzielles wirtschaftliches und kreatives Kapital verschwendet wird, denn Diskrimierung wirkt u.a. „potenzial- und entfaltungshemmend“
- Stattdessen könnten diese Menschen als wertvolle Akteure im Arbeitsmarkt fungieren, ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen und zur Weiterentwicklung der Gesellschaft beitragen UND natürlich ihren Beitrag in die Systeme der sozialen Sicherung leisten. Darüber hinaus sind integrierte Personen auch in höherem Maße in der Lage sich in zivilgesellschaftlichen Strukturen und Ehrenämtern einzubringen. (Dieser gesellschaftliche Bereich wird ein noch deutlicherer Stützpfeiler unter den veränderten Rahmenbedingungen einer zukünftigen Gesellschaft (VUCA/BANI) sein müssen.)

Skepsis
„Wir schaffen das“ (?)
Eine nüchterne Betrachtung der Fakten muss auch Herausforderungen und die langfristigen Bemühungen um Integration einbeziehen:
Trotz aller genannten Vorteile gibt es legitime Bedenken und Herausforderungen.
- Die Integration ist kein Selbstläufer, sondern erfordert Investitionen und zivilgesellschaftliche Anstrengungen. Die aktive Schaffung einer offenen Gesellschaft, die die kulturellen und sozialen Unterschiede zwischen Migranten und der einheimischen Bevölkerung überwinden kann, ist eine langfristige Herausforderung und Daueraufgabe.
- Es ist auch nicht immer garantiert, dass Migranten schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden, insbesondere wenn sie mit Sprachbarrieren oder einer mangelnden Anerkennung ihrer Qualifikationen zu kämpfen haben.
- Nicht jeder Migrant wird direkt zu einem Steuerzahler, und auch die kulturellen Unterschiede können zu Konflikten führen, die die soziale Kohäsion belasten.
Hier gibt die Zivilgesellschaft dann den Ball ab, an die Regelungssysteme, die sich in der VUCA/BANI-Welt auch neu entwickeln werden müssen…
… denn gerade im institutionellen „Fehlgreifen“ der gegebenen politisch-intitutionellen Strukturen liegt ein Kern der Staatsskepsis und des Erstarkens all derjenigen Kräfte, die (zu) einfache und totalitär-autoritäre Lösungen anbieten. In Konfrontation mit den neuen Anforderungen – insbesondere an die Handlungsgeschwindigkeit und Durchgriffstiefe von Behörden und übergeordneten politischen „Entscheidern“ – müssen sich diese Institutionen auch permanent hinterfragen und agiler entwickeln. (s.u. – die „granulare Gesellschaft“)
Hier die Kernthesen Christoph Kucklick: Die granulare Gesellschaft“ (Berlin, 2014)
- Individualisierung und Fragmentierung: Die Gesellschaft entwickelt sich hin zu einer zunehmenden Individualisierung, wobei sich soziale Gruppen zunehmend differenzieren und fragmentieren. Traditionelle soziale Bindungen und kollektive Identitäten verlieren an Bedeutung zugunsten persönlicher Autonomie und Selbstverwirklichung.
- Verschiebung von Arbeit und Konsum: Arbeit und Konsum sind nicht mehr nur zentrale gesellschaftliche Strukturen, sondern unterliegen einer Entgrenzung. Flexible Arbeitszeiten, freiberufliche Tätigkeiten und eine zunehmende Bedeutung des Konsums als Identitätsmerkmal prägen das soziale Leben.
- Digitale Vernetzung und soziale Medien: Die durch digitale Technologien ermöglichte Vernetzung verstärkt die Individualisierung und Fragmentierung, da Menschen sich in spezifischen Online-Communities bewegen, die ihre eigenen Normen und Werte schaffen. Zugleich entstehen neue Formen der sozialen Interaktion, die traditionelle Gemeinschaftsstrukturen ersetzen oder transformieren.
Fazit
Wenn man das Ganze aus einer rein egoistischen, ökonomischen Perspektive betrachtet, überwiegen die Vorteile einer offenen Gesellschaft, die Migration und Integration fördert, bei weitem die Kosten der Abschottung. Die Effekte auf das BIP, die Innovationskraft und die Steuereinnahmen sprechen klar für eine inklusive Gesellschaft. Der Nutzen, der durch Integration entsteht, ist in vielerlei Hinsicht ein wesentlicher Beitrag zum Wohlstand – sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die letzte große Frage bleibt jedoch, und das ist der eigentliche Knackpunkt: Wie gut können diese Potenziale in der Praxis realisiert werden? (Aber hier beginnt eben der Bereich der Menschen die „sozialtechnologisch“ Prozesse steuern müssen, die sie vorher in von uns gewählten Parlamenten demokratisch-diskursiv ermittelt haben und es endet der des zivilgesellschaftlichen Engagements, das lediglich die „atmosphärischen Rahmenbedingungen“ gelingender Entwicklung verbessern möchte…)